Eine Sage, die besonders in Wahlzeiten gerne erzählt wird …

Von Dr. Alfons Adam

Im Zusammenhang mit den zur Zeit stattfindenden Wahlen ist wieder viel vom „christlichen“ oder „bürgerlich-konservativen“ Lager die Rede. Auch in meinem Freundeskreis. Ich frage mich nur, wo diese meine Freunde dieses Lager orten.

Die Frau Generaldirektorin des ORF müßte man, so es dieses gibt, zweifellos dem „christlichen Lager“ zuordnen. Auch die österreichische Bundesregierung wird seit dem Jahre 2000 hauptsächlich vom „christlichen Lager“ getragen, dem auch die für Kultur zuständige Ministerin Gehrer zuzuordnen wäre. Und genau dazu habe ich in den letzten Tagen einige Beobachtungen gemacht.

An Sonntagen zwischen 7.00 und 8.00 Uhr gibt es in Ö1 eine Sendung der Religionsabteilung mit dem Titel „Erfüllte Zeit“. Wieder einmal wurde am 9. 10. 2005 deutlich, daß alle Religionen mit Sympathie betrachtet werden, nur nicht die katholische. Zuerst kam der Jugendseelsorger der Erzdiözese Wien zu Wort, der sich offensichtlich der Worte Jesu schämt, weil er unter Mission etwas ganz anderes verstanden wissen will, als in der Hl. Schrift überliefert ist. Dann wurde Adolf Holl als anerkannter Theologe und weiser Mann hochgelobt. Immerhin hat man erfahren, daß er von der bösen Kirche als Priester suspendiert und ihm die kirchliche Lehrerlaubnis entzogen wurde. Holl durfte dann auch selbst zu Wort kommen und sich dahin äußern, er würde die Messe auch dann nicht mehr lesen, wenn ihn der Papst anrufen und sich bei ihm entschuldigen würde. Der Rest war wirres Zeug. Ganz am Ende der Sendung wurde noch berichtet über ein Zusammentreffen zwischen evangelischen Christinnen und Musliminnen. Und dabei ist so eine Christin zu Wort gekommen und äußerte, sie habe große Hochachtung vor einer Dame, die früher katholisch war und nun Muslimin ist.

Weiters ist mir ein Artikel in der Kronenzeitung aufgefallen. Und zwar ein Bericht über die Uraufführung eines Stückes von Franzobel „Wir wollen den Messias“. Wenn man weiß, daß dieser Unsinn mit unser aller Steuergelder subventioniert wird, dann sollte uns eigentlich interessieren, wie so etwas unter einer vom „christlichen Lager“ geführten Regierung möglich ist. Nun das Zitat (Kronenzeitung, Montag, 10. Oktober 2005, Seite 28/29):

Achtung! Enthält Berichte über verstörende und blasphemische Ereignisse

„Jesus, fett, süchtig nach Pornos und ein Waffennarr, erwischt die Erleuchtung prompt beim Koitus: Burg-Debütant Joachim Meyerhoff mutiert vom ausgestopften Ekel zum Heiland-Porträt aus dem Gebetbuch, entstiegen einem Nazarener-Bild. Erlösung predigt er, Widerstand gegen ‚Bananen‘, Globalisierung, Weltarmut, Reformstau… Als Klein Jesus endet er dort, wo sein Namensvetter endete: in Beiers Slapstick-Version nagelt er sich selbst ans Kreuz, zum ‚Dies irae‘ aus Verdis ‚Messa da Requiem‘.“

Meiner Meinung nach ist in der Öffentlichkeit gar nicht wahrnehmbar, daß es noch katholische Christen in diesem Land gibt, die ihren Glauben ernst nehmen. Das „christliche Lager“ ist eine Sage, die besonders in Wahlzeiten gerne erzählt wird.